«Wir sind bereit»: Ukraine-Krise und Digitalisierung im Fokus der Gemeinden
Medienmitteilung zur Generalversammlung des Schweizerischen Gemeindeverbands
(Bern)(PPS) Wenn es darum geht, «smart» zu werden und die Behördenservices zu digitalisieren, wünschen sich die Gemeinden mehr Zusammenarbeit und Koordination mit Bund und Kantonen. Aber auch der Krieg in der Ukraine und die Aufnahme von Geflüchteten war am Donnerstag an der 69. Generalversammlung des Schweizerischen Gemeindeverbands in Yverdon-les-Bains VD ein Thema. Verbandspräsident und Ständerat Hannes Germann postulierte aus Sicht der Gemeinden drei konkrete Forderungen an die Landesregierung.
Während der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) seine Mitglieder zu Beginn des Jahres unter dem Tagesthema «Digitale Verwaltung» zur Generalversammlung nach Yverdon-lesBains geladen hatte, sind die Gemeinden inzwischen von der Aktualität eingeholt worden. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine musste SGV-Präsident und Ständerat Hannes Germann in seiner Eröffnungsrede gar feststellen: «Wir leben für einmal wieder in unsicheren Zeiten. » Als mittlerweile krisenerprobte dritte Staatsebene seien die Schweizer Gemeinden und Städte zwar gut aufgestellt, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Migration aus der Ukraine zu meistern - «wir sind bereit.» Dennoch müssten die kommenden Wochen und Monate dazu genutzt werden, einige Fragen vorausschauend zu klären.
In diesem Zusammenhang stellte der SGV-Präsident drei für die Gemeinden zentrale Forderungen an den Bundesrat: So müsse nun erstens der kantonale Verteilschlüssel zur Unterbringung der ukrainischen Flüchtlinge konsequent angewendet werden. Zweitens, so Germann, solle die Zukunft des Schutzstatus S zeitnah geklärt werden. Dieser gilt eigentlich für ein Jahr, wobei aber davon auszugehen sei, dass viele Geflüchtete länger in der Schweiz bleiben würden. Drittens gelte es schliesslich die wichtigsten Finanzierungsfragen zu regeln: Die Kosten für die Unterbringung und Integration der ukrainischen Flüchtlinge müssten auf viele Schultern verteilt werden. Die Restkosten dürften nicht allein bei den Gemeinden verbleiben.
Nach dieser der aktuellen Situation geschuldeten Eröffnung stiess Hannes Germann sodann das eigentliche Thema der Generalversammlung an: Nach zwei Jahren, in denen die Generalversammlung pandemiebedingt nur virtuell abgehalten werden konnte, hatte der Schweizerische Gemeindeverband die Digitalisierung zum Fokuspunkt des diesjährigen Anlasses gemacht. Diese bietet offenkundig nicht nur der Wirtschaft, sondern auch den Behörden einiges an Chancen — stellt sie aber auch vor verschiedenste Herausforderungen.
Das bestätigte in ihrer Rede auch Chantal Luisier Brodard. Die Waadtländer Staatsrätin erinnerte daran, dass zur Digitalisierung der Behörden nicht nur eine moderne IT-lnfrastruktur, sondern auch die Schulung und Sensibilisierung der Angestellten gehöre. Im Kanton Waadt habe man letzteres insbesondere nach den erfolgten Cyberattacken auf mehrere Gemeinden merklich forciert.
Moderiert von SRF-Korrespondentin Felicie Notter, debattierten am Podiumsgespräch sodann Marcel Salathé, Leiter des Labors für digitale Epidemiologie an der ETH Lausanne, Peppino Giarritta, Geschäftsleiter der Organisation Digitale Verwaltung Schweiz, und Chantal Weidmann Yenny, Präsidentin der Union des Communes Vaudoises, über ihre Erfahrungen und Visionen im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Behörden.
So wies etwa Peppino Giarritta darauf hin, dass nicht jede Gemeinde das Rad neu erfinden könne oder müsse. Allerdings bekräftigte auch er, dass die Verwaltungen gefordert seien, ihr Personal zu schulen. Erst wenn die Bürgerinnen und Bürger die Behörden punkto Digitalisierung als kompetent betrachten würden, könnten sie Vertrauen in die digitalen Dienstleistungen des Staats entwickeln.
Als Vertreterin der Waadtländer Gemeinden wusste Chantal Weidmann Yenny zu berichten, dass sich die Bevölkerung von den Behörden zwar ein effizientes, d.h. digitalisiertes, Angebot an Dienstleistungen wünsche. Da das Thema digitale Verwaltung neben technischen aber auch juristische oder gar ethische Fragestellungen aufwerfe, könnten die Gemeinden die Digitalisierung freilich nicht allein bewerkstelligen — es brauche auch die Mitarbeit und eine Koordination mit Kantonen und dem Bund.
Gleichzeitig gab Marcel Salathé zu bedenken: Obwohl die Corona-Pandemie einen Digitalisierungs-Schub ausgelöst habe, weise die Schweiz rund um das Thema Cyber noch grössere Baustellen auf. Die jüngst beschlossene Umwandlung des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit NCSC in ein Bundesamt sei natürlich erfreulich. Aus Salathés Sicht wäre jedoch gar die Schaffung eines eigenen Departements für Technologie eine Uberlegung wert.
Bereits zuvor hatten die Anwesenden sämtlichen Geschäften des statutarischen Teils der Generalversammlung zugestimmt. Zudem konnte Verbandsdirektor Christoph Niederberger den aus der ganzen Schweiz angereisten Gemeindevertreterinnen und -vertretern zum Abschluss der Generalversammlung eine neue Partnerschaft bekanntgeben: Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem «Fest der Feste», das im kommenden Herbst im Freilichtmuseum Ballenberg über die Bühne geht, erhalten sämtliche kommunalen Angestellten und Behördenmitglieder, von der Stadtpräsidentin bis zum Forstmitarbeiter, einen Rabatt von 25 Prozent auf den Eintrittspreis. Das «Fest der Feste», das auch in den nächsten Jahren jeweils an zwei Wochenenden im Herbst stattfinden soll, animiert die Schweizer Bevölkerung, in die zahlreichen Feste, Bräuche und Traditionen aus den einzelnen Kantonen, Regionen und Gemeinden einzutauchen.
Der Schweizerische Gemeindeverband vertritt seit 1953 die Anliegen der Gemeinden auf Bundesebene. Heute sind dem Verband mehr als 7500 bzw. 71 Prozent der Schweizer Gemeinden angeschlossen.
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