Geschichten wie «Lina». Eine Forschung zu den Hintergründen

(Windisch)(PPS) Der Film «Lina» hat eindrücklich aufgezeigt: Behörden und Jugendheime haben noch bis in die späten 1970er Jahre rücksichtslos in das Leben von Individuen und Familien eingegriffen. Sie haben junge Menschen in geschlossene Institutionen eingewiesen und dabei die persönliche Integrität der Betroffenen in schwerwiegender Weise verletzt. Ein aktuell an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW laufendes, interdisziplinäres Projekt untersucht die Hintergründe und geht der Frage nach, wie es in Fällen wie «Lina» so weit kommen konnte.

Das Projekt "Placing Children in Care: Child Welfare in Switzerland (1940–90)" ist ein Sinergia-Projekt, das vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert wird und an dem fünf Hochschulen beteiligt sind. Innerhalb des Netzwerks nimmt die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW (Hochschule für Soziale Arbeit, Institut Integration und Partizipation) die Funktion des leading house ein. Das Projekt startete im Januar 2014 und läuft noch bis Sommer 2017.

Heimkinder im Netz vielfältiger Zuständigkeiten
Verschiedene Forschungsteams untersuchen die Faktoren, die Kinder und Jugendliche ins Heim brachten und fragen, wie es ihnen dort erging. Von Interesse ist die alltägliche Praxis in Behörde und Heim, das Reden der Fachleute, ebenso wie das individuelle Erleben von ehemaligen Heimkindern. Die Forschenden gehen damit dem unübersichtlichen Netzwerk nach, in dem Heimerziehung stattfand. Im Forschungsprozess sind Kontakte und Gespräche mit Betroffenen ebenso wichtig wie Stoffpläne aus Heimerziehungsschulen, Fachzeitschriften der Heimverbände, Heimordnungen aus ausgewählten Institutionen oder Akten der zuweisenden Behörden.

Abgeschottet von Jugendkultur und alternativen Lebensformen
Bei einem gemeinsamen Workshop wurde über die Frage diskutiert: Findet sich in den 1970er Jahren die Auseinandersetzung um jugendkulturelle Lebensstile wie Musik und Wohngemeinschaften in fachlichen Diskussionen, im Unterricht in den Heimerziehungsschulen oder in der Praxis der Heime? Erzählen die Betroffenen davon? Bis wann galt gerade die Nähe zur Jugendkultur in der Behörde als Einweisungsgrund? Was steckte hinter dem Gedanken, Kinder und Jugendliche vor fremd erscheinenden Einflüssen zu schützen? Die Diskussion zeigte, dass bis weit in die 1970er Jahre viele Heimkinder aus den Freiräumen jugendkulturellen Experimentierens bewusst ausgeschlossen wurden.

Und heute?
Studierende und Lehrende diskutierten den Film «Lina» an der Hochschule Soziale Arbeit FHNW, der Film war den Studierenden nahe gegangen: „Was muss ich tun, damit Unrecht wie dieses heute in der Sozialen Arbeit nicht mehr passiert?“ Im Seminar wurde deutlich: historisches Wissen kann Studierende der Sozialen Arbeit zum Nachdenken bringen. Das Wissen um die Geschichte sensibilisiert für widersprüchliche Fragestellungen, die sonst schnell zur Seite geschoben werden. Es verpflichtet auf Respekt und eine bewusste Anhörung derjenigen, mit denen Sozialarbeitende in ihrem Beruf zu tun haben.

Weitere Informationen zum Projekt
placing-children-in-care.ch/

Weitere Informationen zum Film
srf.ch/sendungen/schweizer-film/lina

Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Gisela Hauss, Professorin, Hochschule für Soziale Arbeit FHNW,
Institut Integration und Partizipation, T + 41 62 957 20 68, gisela.hauss@fhnw.ch

Kontakt
Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
Hochschule für Soziale Arbeit

Christina Beglinger, Marketing & Kommunikation
Von Roll-Strasse 10, 4600 Olten
T +41 62 957 20 28, christina.beglinger@fhnw.ch
fhnw.ch/sozialearbeit

10 Jahre Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
Am 1. Januar 2006 fiel der Startschuss: Die Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn gründeten gemeinsam die Fachhochschule Nordwestschweiz. Zehn Jahre nach ihrer Gründung, zählt die FHNW zu den führenden Fachhochschulen der Schweiz und ist eine zentrale Säule des Bildungsraums Nordwestschweiz.
Sie umfasst neun Hochschulen mit den Fachbereichen Angewandte Psychologie, Architektur, Bau und Geomatik, Gestaltung und Kunst, Life Sciences, Musik, Lehrerinnen- und Lehrerbildung,  Soziale Arbeit, Technik und Wirtschaft. Die Campus der FHNW sind in den vier Trägerkantonen Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn angesiedelt.
Über 11'000 Studierende sind an der FHNW immatrikuliert. Rund 800 Dozierende vermitteln in 29 Bachelor- und 18 Master-Studiengängen sowie in zahlreichen Weiterbildungsangeboten praxisnahes und marktorientiertes Wissen. Die Absolventinnen und Absolventen der FHNW sind gesuchte Fachkräfte.
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