Mehrheitsentscheid des Ständerates von heute zu der Akkreditierung von Lobbyisten:

Nun endlich Schluss mit Parlamentariern als bezahlte Lobbyisten!

(Bern)(PPS) Heute Abend hat der Ständerat mit knapper Mehrheit entschieden, der Parlamentarischen Initiative von Ständerat Didier Berberat zur Akkreditierung von Lobbyisten Folge zu leisten. Damit besteht die Chance, dass die Schweiz endlich ein transparentes und professionelles Akkreditierungssystem wie andere Länder bekommt. Dahinter steckt jedoch ein jahrelanger Kampf von mir, anderen und der SPAG insgesamt. Bei der Gründung der SPAG im Jahre 1999 war das Hauptziel eine offizielle Akkreditierung, die mit der Offenlegung der Lobbying-Mandate verknüpft werden sollte. Lange hatte sich insbesondere der Ständerat dagegen gewehrt. Die Tage des unsäglichen „Götti“-Badge-Systems sind vielleicht gezählt.

Ein erfreulicher Tag also! Nichtsdestotrotz muss in diesem Zusammenhang folgendes festgehalten werden:

  • Ja, die FIFA. Es war ein Fehler, dass ich dieses Mandat nicht auf der SPAG-Website aufgeschaltet hatte. Nicht, weil ich meine Meinung/Haltung geändert habe, sondern weil der ganze Trubel von der Tatsache ablenkte, dass ich erstens 25 Jahre korrekt und transparent lobbyiert hatte und zweitens weitaus gewichtigere Fälle zu behandeln wären. Seither habe ich mich (schon fast stur) zur Wehr gesetzt, und das Eine oder Andere hat Früchte getragen. Kaum ein Mandat war vor der sogenannten „Enthüllung“, die keine war, so bekannt und in vielen Munden wie mein FIFA-Mandat.
     
  • Der Markwalder-Fall war problematisch und für einige ein Augenöffner. Ich wie andere wissen allerdings, dass es unzählige, weitaus „schlimmere“ Fälle gab und gibt. Es fliessen schriftlich wie telefonisch viele Informationen aus Kommissionen heraus. Der eigentliche Skandal war für mich, dass ein Lobbyist dahintersteckte, der mehr oder weniger ungeschoren davon gekommen ist. Einige Parlamentarier sagten mir damals in der Wandelhalle sinngemäss: „Jetzt hatte Christa Pech – es hätte auch andere erwischen können.“ Das war nicht Pech, sondern gesteuert!
     
  • In den vergangenen Wochen wurde viel Blödsinn kolportiert – u.a., dass Parlamentarier nicht „gekauft“ werden. Quatsch! Etliche Parlamentarier erhalten nur deswegen Aufträge, VR-, Stiftungsrats-, Beirats- oder Beratungsmandate, weil sie eben Parlamentarier sind. Man erwartet von ihnen einen Informationsvorsprung, Tipps, eine Ausweitung des Netzwerkes, Türöffnung, Interessenvertretung und Einflussnahme. Etliche Parlamentarier kämen ansonsten nie an solche Mandate ran. Ich bin unzählige Male in meinem Lobbyisten-Dasein gefragt worden, ob ich nicht Mandate vermitteln könnte. Reden wir nicht um den Brei herum: Bei einigen Parlamentariern (allerdings weniger als früher) handelt es sich um nichts Anderes als bezahlte Lobbyisten, die nebenbei auch im Parlament sitzen. Das Argument des Milizparlamentes verfängt schon lange nicht mehr: 30 bis 50% der Parlamentarier sind bereits Berufspolitiker, und generell erhoffen sich viele weiteren, zusätzlichen finanziellen Zustrom. Bei der ursprünglichen Definition des Milizparlamentes wurde als Stärke hervorgehoben, dass die Parlamentarier das Wissen und die Erfahrung ihres Berufslebens in den legislativen Betrieb einbringen würden. Ob nun Milizparlament oder nicht: Parlamentarier, die bezahlte Lobbyisten sind, stellen eigentlich, wollen wir von Fortschritt sprechen, ein absolutes No-Go dar, und sie verstossen klar gegen das eigene Parlamentsgesetz (ob nun transparent oder nicht). Parlamentarier haben nicht auf Weisung hin zu funktionieren! Darüber hinaus erhalten viele von ihnen von Unternehmen private Einladungen (mit Partner) zu tollen Events oder grosszügige (verborgene) Wahlkampffinanzierung. So mancher Public Affairs-Leiter oder Lobbyist stellt sich diesbezüglich als Saubermann dar: Tatsache ist, dass die Gelder fliessen (was kein Problem bei Transparenz wäre). Man könnte es wissen (und viele Bundeshausjournalisten haben davon Kenntnis), welche Parlamentarier als Lobbyisten einzustufen sind: Ihre Voten und Vorstösse decken sind wunderbarerweise mit den Mandaten, die sie besitzen. Und es werden weiterhin fröhlich Parlamentarier-Clubs und Interessengemeinschaften gegründet.
     
  • Es kam vor kurzem die sensationelle Aussage auf, die Lobbyisten hätten keinen Einfluss und würden überschätzt werden. Da lachen die Hühner! Es muss da nicht lange ausgeholt werden: Insider wissen von vielen Beispielen der erfolgreichen Einflussnahme der letzten Jahre und Jahrzehnte. Lobbying kann Unheil wie auch Heil zum Resultat haben und ist legitim, wenn zum Beispiel die Lissabon-Regeln (Siehe SPAG-Website: Standesregeln) eingehalten werden. So kann jemand transparent sein, aber hinter den Kulissen bewusst eine Täuschung aller Akteure im Sinn haben (Siehe Fall „Alpiq“). Sicher ist, dass es von grossem Nutzen sein kann, wenn bei einem Geschäft Fachwissen, Argumente und Erfahrungsberichte von allen Seiten einfliessen.
     
  • Die Diskussion darüber, was Lobbying ist, ist ziemlich müssig und wissenschaftlich wie auch in der Praxis (als Mittel und Königsklasse der Public Affairs) plus minus gegeben. Da kann auch ich – als Initiator und Mitbegründer der SPAG im Jahre 1999 - nichts Neues erfinden (und habe auch keine Lust mehr dazu). Gerade im Zusammenhang mit der Akkreditierung bzw. der Erstellung der Kriterien für eine solche, gibt das Ausland brauchbare Praktiken/Wege vor. Sicher ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob jemand Produkte-PR macht, Werbung betreibt, ein Mitarbeiterseminar organisiert oder gut zeichnen kann! Eine Konkretisierung dieser Definition auf eine Schweizer Praxis hin, hat nichts mit Verwässerung, sondern mit ideologiefreier Realitätsnähe im Interesse der Sache und der Öffentlichkeit zu tun.
     
  • Und nun zum Schluss. Das Polit-System in Bern funktioniert so, wie es dies tut, weil alle mitmachen und bislang herrlich profitierten. Wenige haben ein Interesse daran, das Grosse Bild bzw. die Wahrheit hinter den Abhängigkeiten im Interesse der Öffentlichkeit offenzulegen und Pfründe zu verlieren. 

Daniel C. Rohr

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