Tierquälerei in der Pferdehaltung - Genügt unser Tierschutzgesetz?

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Was ist unter Misshandlung zu verstehen?
  • Wann findet eine Vernachlässigung statt?
  • Was heisst unnötige Überanstrengung?
  • Ein Fall aus der Gerichtspraxis

(Winterthur)(PPS) In den vergangenen Wochen stand ein Pferdezüchter in Hefenhofen TG mit grossen Schlagzeilen in den Medien. In der Pferdehaltung wurden massive Missstände beanstandet. Auf Druck der Medien wurden die Behörden aktiv. Die Tiere wurden beschlagnahmt. Es stellen sich dazu natürlich Fragen: Weshalb konnte so etwas passieren? Genügt unser Tierschutzgesetz nicht?

Im Tierschutzgesetz ist festgehalten, wer ein Tier misshandelt, vernachlässigt, unnötig überanstrengt oder dessen Würde in anderer Weise missachtet, wird mit einer Freiheits- oder mit einer Geldstrafe bestraft. Vordergründig eine klare Aussage, doch was ist wirklich darunter zu verstehen?

Eine Tatsache ist, dass das Tierschutzgesetz ausreichende Möglichkeiten bietet und Behörden dazu verpflichtet konsequent einzuschreiten. Die Problematik besteht dennoch vielfach in der Umsetzung und dem Vollzug. Es sei die Frage erlaubt, welche tatsächlichen Gründe können zu solchen Missständen führen.

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Gesetzliche Grundlagen

Im Tierschutzgesetz wird die Tierquälerei in Artikel 26 geregelt. Wer vorsätzlich ein Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt oder dessen Würde missachtet, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. Wenn der Täter oder die Täterin fahrlässig handelt, droht eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen. Eine Tierquälerei kann unter anderem begangen werden durch Misshandlung, Vernachlässigung oder unnötiger Überanstrengung.

Was ist unter Misshandlung zu verstehen?

Der Begriff Misshandlung wird im Tierschutzgesetz zwar verwendet, aber nicht näher erläutert. Erläuterungen dazu finden sich in der Rechtsliteratur und der Rechtsprechung. Als Misshandlung gilt, wenn jemand einem Tier ungerechtfertigt erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt oder es in Angst versetzt. Es geht dabei also nicht nur um eine physische Beeinträchtigung, sondern auch um das Verursachen von Angst- oder Schreckzuständen. Es genügt eine einmalige Misshandlung, d.h. es braucht keine Wiederholungen, damit der Tatbestand erfüllt ist.

Wann findet eine Vernachlässigung statt?

Wer seinen Pflichten gemäss Tierschutzgesetz nicht nachkommt und sein Tier vernachlässigt, kann ebenfalls wegen Tierquälerei bestraft werden.

Eine Vernachlässigung ist im Gegensatz zur Misshandlung eine passive Form der Tierquälerei. Wer die Obhut über ein Tier hat und beispielsweise das Tier nicht mehr ernährt oder die Unterkunft verwahrlosen lässt, vernachlässigt sein Tier und begeht folglich eine Tierquälerei.

Nach hier vertretener Auffassung ist von einer Vernachlässigung auszugehen, auch wenn keine Schmerzen, Leiden, Schäden oder Ängste beim Tier auftreten. 

Was heisst „Unnötige Überanstrengung“?

Wenn einem Tier grosse körperliche Leistungen abverlangt werden, die dessen Kräfte übersteigen, dann liegen ein Missverhältnis und eine unnötige Überanstrengung vor und es ist ebenfalls der Tatbestand der Tierquälerei erfüllt. Das kann z.B. der Fall sein beim Einsatz eines erkrankten und geschwächten Pferdes im Pferdesport.

Ein Fall aus der Gerichtspraxis

Der Pferdehändler K. wurde u.a. wegen seines Verhaltens im Zusammenhang mit dem erstmaligen Beschlagen eines Jungpferdes durch einen Hufschmiedlehrling, bei welchem das Pferd verstarb, vom Obergericht des Kantons Thurgau unter anderem der Tierquälerei für schuldig befunden. Dagegen erhob K. Beschwerde beim Bundesgericht. Aus dem Bundesgerichtsurteil ergibt sich: Das Pferd sollte, obwohl es in Panik geraten war, auf Biegen und Brechen beschlagen werden. Der Beschwerdeführer fesselte die Hinterbeine des liegenden Pferdes und versuchte das Pferd „aufzujagen“, damit es anschliessend auf die andere Körperseite falle. Dabei verstarb das Jungtier. Nebst einer Geldstrafe von CHF 9‘000 sowie einer Busse von CHF 2‘000 (respektive bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse eine Ersatzfreiheitsstrafe von 66 Tagen) wurden dem Beschwerdeführer auch die Gerichtskosten von CHF 4‘000 auferlegt. (Urteil des Bundesgerichts aus dem Jahre 2009, 6B_711/2009)

Firmenportrait: 

Die Organisation Active for Animals (active-for-animals.ch) informiert Tierhalter, Tiervereine und Tierfreunde praxisnah über Rechte und Pflichten im Umgang mit Tieren. Wir bieten zum Tierrecht anerkannte Seminare und einen Lehrgang an. Active for Animals unterstützt den Verein Sternschnuppe für Mensch und Tier (www.sternschnuppe-mensch-und-tier.ch). Dieser setzt sich aktiv für die Verbesserung der Lebensumstände von benachteiligten und verletzten Tieren ein.

Pressekontakt: 

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