Trotz Zinswende bleibt der Mindestzins auf historischem Tiefpunkt

Der Bundesrat verpasst die Chance, das Vertrauen in die 2. Säule zu stärken

(Bern)(PPS) Seit fünf Jahren verharrt der BVG-Mindestzinssatz auf rekordtiefem 1 Prozent. Begründet wurde dies wurde mit den negativen Zinsen – obwohl die Renditen sprudelten. Nun hat die Zinswende eingesetzt. Dass der Bundesrat weiterhin auf eine Erhöhung des Zinssatzes verzichtet, ist daher unverständlich für die Versicherten. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat sich in der BVG-Kommission vergeblich für eine Erhöhung des Mindestzinses eingesetzt. Denn trotz Turbulenzen an den Anlagemärkten im laufenden Jahr ist die finanzielle Lage der Pensionskassen stabil. Die Versicherten müssen von den guten Erträgen der letzten Jahre profitieren.

Die risikolosen Zinsen sind aktuell höher als je in den letzten acht Jahren. Dies führt mittelfristig zu einer Stabilisierung der 2. Säule. Aktuelle Schätzungen zeigen, dass sich die finanziellen Aussichten der Pensionskassen trotz der grossen Verwerfungen an den Finanzmärkten seit anfangs Jahr bereits entscheidend besser darstellen, als dies die aktuellen Deckungsgradverluste suggerieren. Trotz dieser Ausgangslage hat sich der Bundesrat heute dafür ausgesprochen, dass der Mindestzinssatz auch im nächsten Jahr bei 1 Prozent verharren soll und damit fast ein Drittel tiefer ausfällt als die risikolosen Zinsen heute betragen.

Auch die Schweizer Wirtschaft präsentiert sich nach wie vor in guter Verfassung. Die Schweizer Unternehmen haben ein sehr gutes erstes Halbjahr hinter sich. Sie haben die Kassen für 2022 bereits gut füllen können. Auch die aktuelle Situation ist nach wie vor positiv. In einer Umfrage der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich bezeichneten die Firmen ihre Geschäftslage mehrheitlich als gut. Die Auftragsbücher sind immer noch gut gefüllt. Arbeitskräfte sind gesucht wie schon länger nicht mehr.

Schlecht sieht es hingegen für die Versicherten aus. Denn angesichts der Teuerung sind die Leistungen der Pensionskassen stark unter Druck. RentnerInnen drohen schmerzhafte Kaufkraftverluste, weil sie in der 2. Säule keinen Teuerungsausgleich erhalten werden. Und auch für die Erwerbstätigen kann ein Mindestzinssatz von 1 Prozent seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Um die Leistungen der Pensionskassen zu garantieren, müsste der Mindestzinssatz mindestens mit der Teuerung mithalten. Der Erhalt des Vorsorgekapitals ist entscheidend, um das Vertrauen in die 2. Säule nicht weiter zu destabilisieren. Der Bundesrat hat diese Chance heute verpasst.

Dabei haben die letzten Jahre deutlich gezeigt: die zurückhaltende Verzinsung wurde von vielen Pensionskassen und Lebensversicherungen genutzt, um Gewinne abzuzweigen oder den Versicherten überhöhte Vermögensverwaltungskosten zu verrechnen. Die neuen BfS-Zahlen der Pensionskassenstatistik belegen einen historischen Höchststand der Kosten in der 2. Säule, während Verzinsung, Umwandlungssätze und damit letztlich die Renten der Arbeitnehmenden dahinschmelzen.

Pressekontakt: 

Schweizerischer Gewerkschaftsbund
Monbijoustrasse 61
3007 Bern

Tel. 031 371 01 01
info @ sgb.ch