DIE SPITZEN DER GESELLSCHAFT - Eine Ausstellung im Textilmuseum St.Gallen

DIE SPITZEN DER GESELLSCHAFT - Eine Ausstellung im Textilmuseum St.Gallen
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Susanne Stauss

Eine Ausstellung im Textilmuseum St. Gallen, 26.10.2018 – 10.2.2019

(St. Gallen)(PPS) Die Ausstellung «Die Spitzen der Gesellschaft» widmet sich historischen Spitzen aus der Zeit von 1500 bis 1800. Die kostbaren Textilien, einst den obersten Gesellschaftsschichten wie Adel und Klerus vorbehalten, waren von Ostschweizer Stickereiproduzenten erworben worden, denen sie als Vorlage für die berühmte „St.Galler Spitze“ dienten. Heute befinden sich die historischen Spitzen im Besitz des Textilmuseums St.Gallen, welches über eine international bedeutende Spitzensammlung verfügt und diese vom 26. Oktober 2018 bis einschliesslich 10. Februar 2019 zeigt. 

Historische Spitzen im Textilmuseum St.Gallen

Das Textilmuseum präsentiert mehr als 160 historische Textilien verschiedener Epochen und Macharten, die die Entwicklung der Spitze von ihren Anfängen im 16. Jahrhundert bis Ende des 18. Jahrhunderts zeigen und sie in den Kontext zeitgenössischer Modeströmungen stellen. Zu sehen sind unter anderem eine selten gezeigte Kasel aus dem 17. Jahrhundert sowie eine Prunkdecke, die aus dem Besitz des spanischen Hofes stammt.

Seine exquisite Spitzensammlung hat das Textilmuseum St.Gallen der florierenden Ostschweizer Textilindustrie zu verdanken, die ihre Stickereien Ende des 19. Jahrhunderts weltweit exportierte. Gearbeitet wurde die berühmte «St.Galler Spitze» nach der Vorlage historischer Spitzen, die von den Fabrikanten gezielt gesammelt worden waren, um auf der Stickmaschine imitiert zu werden. Heute befinden sich die wertvollen Objekte im Textilmuseum St. Gallen, das mit einem Bestand von mehr als 5000 Spitzen über eine international bedeutende Sammlung verfügt. 

Spanien und Frankreich – Zentren der Spitzenmode

Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts erfasste das Modephänomen ganz Europa, wo Spitzen in den kommenden Epochen die prächtigen Roben weltlicher und geistlicher Herrscher und der Eliten schmückten. Die Ausstellung «Die Spitzen der Gesellschaft» konzentriert sich auf die Spitzenmode, wie sie an den Höfen von Spanien und Frankreich, die zu ihrer Zeit politisch, kulturell und modisch tonangebend in Europa waren, getragen wurde. 

Während langer Perioden des 16. und 17. Jahrhunderts war Spanien die dominierende europäische Macht. Als es auf dem Höhepunkt seines politischen und kulturellen Einflusses stand, wurden Spitzen zum unerlässlichen und wertvollen Accessoire der Mächtigen. In Italien entwickelt, zierten sie bald die ausladenden Krägen und Manschetten der Höflinge, die Altäre der wichtigsten Kathedralen und Tafeln der grössten Paläste Europas. 

Kriegerische Konflikte wie der Dreissigjährige Krieg schwächten Spanien nachhaltig zugunsten von Frankreich, das zum mächtigsten Land Westeuropas aufstieg. König Louis XIV. feierte sich als Sonnenkönig und die Mode des ausgehenden 17. und des 18. Jahrhunderts wurde vom französischen Hof in Versailles geprägt. Gezielt förderte er den Aufbau französischer Zentren der Spitzenproduktion, für die er eigens Spitzenherstellerinnen aus Italien anwarb. 

Vom Spitzenprodukt zu Massenware

Spitzen seien in der Vergangenheit sowohl von Frauen wie von Männern getragen worden, so die Ausstellungskuratorin, Barbara Karl, ihre aufwändige Herstellung lag jedoch in den Händen von Frauen, die die Textilien kunstvoll in Heimarbeit fertigten und so ein Einkommen erwirtschaften konnten. Im Gegensatz zu anderen textilen Errungenschaften, die vorwiegend aus Asien importiert worden waren, handelt es sich bei Spitzen um eine rein europäische Erfindung. Wichtige Zentren der Spitzenproduktion fanden sich in Italien, Frankreich und den Niederlanden, von wo aus die kostbare Ware – ihr Wert wurde in Karat gemessen – europaweit gehandelt wurde. 

Lange Zeit blieb die Verwendung von Spitzen weitgehend den Eliten, der Aristokratie und dem Klerus, vorbehalten. Dies war sowohl dem hohen Preis als auch den Kleiderordnungen, die die Mode nicht nur an den Höfen regulierten, geschuldet. Ändern sollte sich das erst im 18. Jahrhundert mit der Französischen Revolution und der zunehmenden Industrialisierung, die in ganz Europa gravierende politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Umwälzungen zur Folge hatten. Die Umstellung von Hand- auf Maschinenarbeit machte aus dem raren Luxusgut Spitze ein erschwingliches Massenprodukt. Gefertigt wurde die Ware nun vorwiegend von Männern, die die Stickmaschinen bedienten. Den Frauen, die über Jahrhunderte massgeblich Anteil hatten an der Entwicklung und der Weitergabe der Spitzenkunst, blieben Zuarbeiten wie das Fädeln. 

Zur Ausstellung «Die Spitzen der Gesellschaft» werden Museumsgespräche, Führungen und Workshops sowie ein museumspädagogisches Programm für Schulen angeboten. Des Weiteren erscheint bei Arnoldsche Art Publisher der Bildband «Historische Spitzen. Die Leopold-Iklé-Sammlung im Textilmuseum St. Gallen». Die Publikation kann im Textilmuseum St. Gallen, über den Verlag oder im Buchhandel zum Preis  von CHF 78/ EUR 58 bezogen werden. Während der Ausstellung ist sie zum Sonderpreis von CHF 48 im Shop des Textilmuseums erhältlich. 

Ausstellungskuratorin: Barbara Karl
Szenografie + Grafik: meierkolb Luzern

Bild: Blick in die Ausstellung mit höfischer Spitzen-Mode aus Frankreich. „Die Spitzen der Gesellschaft“

Pressekontakt: 

Textilmuseum St. Gallen
Silvia Gross
Kommunikation
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