Naturschutzflächen: Schweiz muss endlich vorwärts machen

1 Jahr seit dem Biodiversitätsabkommen von Kunming-Montréal

(Basel)(PPS) Vor einem Jahr beschloss die UNO-Biodiversitätskonvention umfassende Ziele zur Bekämpfung des akuten Artensterbens und der fortschreitenden Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Dazu gehört, 30 Prozent der Erdoberfläche bis 2030 unter Schutz zu stellen. Anstatt mit effektivem Naturschutz versucht die Schweiz dieses Ziel mit geschönten Zahlen zu erreichen. Pro Natura kritisiert die Untätigkeit und zeigt in einer eigenen Analyse, wie gross der Handlungsbedarf tatsächlich ist.

Um unsere stark bedrohten, natürlichen Lebensgrundlagen zu retten, wurden am 19. Dezember 2022 an der UNO-Biodiversitätskonferenz in Montréal 23 Ziele beschlossen. Dazu zählt der Stopp des Artensterbens, die Reduktion von Dünger und Pestiziden und die Anpassung der wirtschaftlichen Aktivitäten an die Bedürfnisse der Natur. Eines der wichtigsten Ziele ist es, 30 Prozent der weltweiten Landes- und Meeresfläche bis 2030 wirksam unter Schutz zu stellen - bekannt als “30by30”-Ziel. Obwohl die Schweiz zur Koalition der Länder gehörte, die "30by30” ursprünglich vorantrieb, ist sie ihrer Verpflichtung zur Umsetzung im eigenen Land bisher nicht nachgekommen. Im Gegenteil. Das muss sich ändern.

Zahlenspielerei anstatt effektiver Schutz

Wenn es um den Biodiversitätsschutz in der Schweiz geht, klaffen Anspruch und Realität weit auseinander. Ein Bericht der Europäischen Umweltagentur von 2021 zeigt, dass die Schweiz unter allen europäischen Ländern den geringsten Anteil geschützter Gebiete an der Landesfläche aufweist. Naturschutzgebiete sind für bedrohte Arten und Lebensräume, aber auch für den Erhalt überlebenswichtiger Ökosystemleistungen wie Bodenfruchtbarkeit, Wasser- und CO2-Speicherung oder Bestäubung unerlässlich.

Anstatt ausreichend Gebiete wirksam unter Schutz zu stellen, versuchen der Bundesrat und das Bundesamt für Umwelt das globale “30by30”-Ziel mit Zahlenspielereien zu erreichen. So haben sie dieses Jahr einen Bericht veröffentlicht, in dem sie neu auch Gebiete, deren Schutzwirkung minim oder zeitlich begrenzt ist, dem globalen Ziel anrechnen. Das ist unverantwortlich, denn es erweckt den Eindruck, der Natur in der Schweiz gehe es gut, während in Tat und Wahrheit die Hälfte aller einheimischer Lebensräume sowie ein Drittel aller Tier und Pflanzenarten hierzulande bedroht sind. 

Aktuell nur 8 Prozent Schutzgebiete

Pro Natura verlangt, dass der Bund die Flächen für die Biodiversität mit Sorgfalt und aufgrund nachvollziehbarer Kriterien ausweist, die den international anerkannten Kriterien entsprechen. Dies ist bis jetzt nicht der Fall. Die Naturschutzorganisation hat eine vertiefte fachliche Analyse vorgenommen und gelangt zum Schluss, dass derzeit nur 8 Prozent der angegebenen Schutzflächen wirklich den geforderten Schutz bieten, anstatt der behaupteten 23 Prozent.

Um das “30by30”-Ziel in der Schweiz zu erreichen, braucht es sowohl einen stärkeren rechtlichen als auch faktischen Schutz gewisser bereits ausgewiesener Gebiete sowie eine Ergänzung durch zusätzliche Flächen, die alle seltenen Arten und Lebensräume in ausreichendem Umfang schützen. Bevor dies nicht erreicht ist, ist es falsch zu behaupten, zusätzliche Schutzflächen seien nicht nötig und die bestehenden Gesetze und Pläne seien ausreichend. Es braucht unbedingt mehr statt weniger Naturschutz und deshalb auch ein Ja zur Biodiversitätsinitiative im kommenden Jahr. 

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