Universität Bern - Goldenes «Nano-Schachbrett» für zukünftige Technologien

Bild Rechte: 
Universität Bern

(Bern)(PPS) Eine Goldoberfläche, auf der sich Moleküle mit verschiedenen magnetischen Zentren zu einem Nano-Schachbrettmuster selbst anordnen, stellt den ersten sogenannten ebenen Ferrimagneten dar. Die Existenz solcher zweidimensionaler magnetischer Systeme wurde bisher ausgeschlossen. Dank geschickter Materialwahl wurde dies nun von einer internationalen Forschergruppe mit Berner Beteiligung möglich gemacht. 

Ferrimagnete zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwei verschiedene Arten von magnetischen Zentren besitzen, deren Magnetismus verschieden stark ist und in entgegengesetzte Richtungen zeigt. Das Besondere an zweidimensionalen Ferrimagneten ist, dass bei der ebenen Anordnung der Magnetzustand der einzelnen Moleküle ausgelesen werden kann. Jedes dieser magnetischen Moleküle bildet so eine kleinste magnetische Speichereinheit. Diese neuartigen Strukturen könnten in der Quantentechnologie zum Einsatz kommen –  etwa beim Ein- und Ausschalten des Magnetzustandes eines einzelnen Moleküls und somit seines Informationsgehaltes. Wichtig ist, dass dies nun auf einer ebenen Schicht von Molekülen möglich ist, und somit eine höchste Speicherdichte vorliegt. Ein internationales wissenschaftliches Konsortium mit Schweizer

Beteiligung von der Universität Bern, des Paul Scherrer Instituts (PSI) und des «Swiss Nanoscience Institut» (SNI) an der Universität Basel konnte nun im Wissenschaftsjournal «Nature Communications» die magnetischen Eigenschaften eines Nano-Schachbretts auf einer Goldoberfläche belegen. Diese Erkenntnis ist überraschend, weil grundsätzliche Kriterien die Herstellung eines solchen sogenannten zweidimensionalen Ferrimagneten bisher ausschlossen. Durch eine geschickte Materialwahl wurde dies nun doch ermöglicht. 

Mit Gold zum Erfolg 

Die Chemikerin Dr. Shi-Xia Liu hat in Zusammenarbeit mit Prof. Silvio Decurtins, beide am Departement für Chemie und Biochemie der Universität Bern, sogenannte makrozyklische Moleküle hergestellt, deren Atome in einem grossen Ring angeordnet sind. Im Zentrum weisen sie entweder magnetische Eisen- oder Mangan-Ionen auf. An den «Rändern» dieser Moleküle wurden gezielt entweder Fluor- oder Wasserstoffatome angebracht. Fluor- und Wasserstoffatome interagieren bevorzugt miteinander. Nachdem die Moleküle auf eine Goldoberfläche aufgebracht wurden, ordneten sie sich dank den präparierten «Rändern» in einem Schachbrettmuster an: an die Wasserstoffatome docken immer Fluoratome an. So wechseln sich die Moleküle mit dem magnetischen Eisen- oder dem Mangan-Zentrum ab.

Auf kleinstem Raum

Dieses geordnete Muster einer einzigen Lage von Molekülen ist extrem dicht gepackt. Die einzelnen Moleküle und somit die magnetischen Einheiten weisen eine «Ausdehnung» von der Grössenordnung eines Nanometers auf, d.h. des millionsten (0.000 001) Teils eines Millimeters. Auf die Fläche eines Quadratmillimeters können somit etwa 1012 (eine 1 mit 12 Nullen) magnetische Moleküle angeordnet werden. Mittels einer speziellen Bestrahlung an der «Swiss Light Source» (SLS) am PSI konnten die Forschenden belegen, dass die mit Molekülen besetzte Schicht magnetisch ist, dass der Magnetismus beider unterschiedlichen Zentren verschieden ist und die magnetischen Momente (Spins) in entgegengesetzte Richtungen zeigen – alles Eigenschaften, welche einen Ferrimagneten kennzeichnen. Ausschlaggebend für diese Eigenschaften ist das elektrisch leitende Goldsubstrat, das die magnetische Ordnung vermittelt. Ohne das Goldsubstrat würden die magnetischen Metallatome nichts voneinander «spüren» und die Fläche wäre auch nicht magnetisch. Die entscheidende Wirkung erfolgt durch die Leitungselektronen des Goldsubstrates. Modellrechnungen von Forschenden der Universität Uppsala (Schweden) bestätigen die experimentellen Beobachtungen und liefern den Hinweis, dass an der Goldoberfläche gebundene Elektronen für diese Interaktionen verantwortlich sind. Die molekulare Anordnung kann mittels der sogenannten Rastertunnelmikroskopie abgebildet werden. 

Kombination von Physik und Chemie

«Die Forschungsarbeit zeigt, dass mit einer geschickten Kombination von Materialien und einer speziellen Nanoarchitektur neuartige magnetische Strukturen hergestellt werden können», sagt Silvio Decurtins vom Departement für Chemie und Biochemie der Universität Bern. Um Fragestellungen aus Computerwissenschaften und Materialwissenschaften erfolgreich angehen zu können, ist die Forschungszusammenarbeit von Physikern und Chemikern ein entscheidender Faktor, sagt Decurtins: «Nur dies ermöglicht den Fortschritt in der Nanotechnologie, der Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts». 

In direktem Zusammenhang mit diesen Forschungsergebnissen wird ein wissenschaftliches Konsortium der EPFL, ETHZ, PSI und Universität Bern im September 2017 eine internationale Konferenz in der Schweiz organisieren. Im Zentrum steht die Untersuchung von Nano- Architekturen von Atomen und Molekülen auf Oberflächen: «Operating Quantum States in Atoms and Molecules at Surfaces»; qmol.ch 

Pressekontakt: 

Universität Bern
Corporate Communication
Hochschulstrasse 6
3012 Bern