Der Zwang, sich die eigenen Haare auszureissen

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Torsten Spielmann

(Lenzburg)(PPS) Nicht immer ist krankheitsbedingter Haarausfall der Grund, weshalb der Kopfschmuck schütter wird. Laut Studien leiden rund ein halbes Prozent der Bevölkerung an der sogenannten Trichotillomanie, dem Zwang, sich die eigenen Haare auszureissen. Mit Kopftüchern, Perücken und gesellschaftlichem Rückzug vermeiden Betroffene, dass ihr Umfeld von ihrem Leiden erfährt.

Im Sommer unbeschwert am See sonnen und sich im Wasser abkühlen? Undenkbar. Im örtlichen Fussballverein mitspielen und vor dem Mannschafts-Abendessen in der Vereinsgarderobe duschen? Niemals. Was für die meisten von uns zum normalen Freizeitvergnügen gehört, ist für Trichotillomanie-Betroffene unmöglich. Zu gross ist die Scham, dass Bekannte oder Familienangehörige die kahlen Stellen an Körper oder Kopf entdecken und peinliche Fragen stellen. Der Zwang, sich Haare auszureissen, unter dem im deutschsprachigen Raum rund eine halbe Million Menschen leiden, isoliert und beeinträchtigt die Betroffenen erheblich.

Versteckte und unterschätzte Störung

Kaum jemand hätte der jungen Modebloggerin Denise zugetraut, unter Trichotillomanie zu leiden. Die Deutsche, die sich 2016 in einem Video auf Youtube outete, litt jahrelang an zwanghaftem Haare ausreissen. Darüber offen zu sprechen, erwies sich für sie als gute Therapie. Wie bei vielen anderen Betroffenen entwickelte sich bei Denise die Störung in der Pubertät während einer Stressphase. Und wie viele andere Betroffene versteckte Denise ihr Leiden jahrelang aus Scham, bis sie sich zum Outing entschloss.

Ursache für den Zwang lösen

Psychiatrie und Psychotherapie behandeln Trichotillomanie oft mit Entkopplungs- oder Umlenk-Methoden. Mittelfristig zeigen sich bei beiden Therapieformen aber kaum vollständige Symptomfreiheit. Mit einer Erfolgsquote über 80 Prozent macht der Lenzburger Coach Torsten Spielmann von sich reden. «Für jeden Zwang gibt es eine Ursache, meist eine frühkindliche Hilflosigkeit, die es zu lösen gilt», erklärt er den Erfolg seines fünf bis sieben Stunden dauernden Coachings.

Wenn Helfen nicht hilft

Spielmann gibt auf seiner Fach-Website auch Tipps für Angehörige von Trichotillomanie-Betroffenen. Oft sei nämlich deren gut gemeinte Hilfe kontraproduktiv. «Ratschläge wie ‘hör doch einfach auf damit’ oder Hilfsmittel wie Kopftücher oder Handschuhe, damit das Haare ausreissen schwieriger wird, verstärken den Zwang noch statt ihn zu mildern.» Letzteres ist gerade für Kinder sehr traumatisch, wenn Eltern damit den Zwang zu bekämpfen versuchen. Bei etwa sechs Prozent der Betroffenen tritt die Störung schon im Vorschulalter auf.

Ärztliche Abklärung statt Selbstdiagnose

Bevor aber Betroffene bei sich selbst oder Eltern bei ihrem Nachwuchs Trichotillomanie diagnostizieren, ist laut Spielmann eine ärztliche Abklärung sinnvoll. «Manchmal führen medizinische Ursachen zu ähnlichen Symptomen.» Wird von einem Fachmann dann die Zwangsstörung diagnostiziert, ist das der erste Schritt hin zur Heilung. Und raus aus der schambedingten, sozialen Isolation.

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Torsten Spielmann
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